Aquarien-Tagebuch 2012

Die Unterseiten werden mir zu lang, also hab ich es gesplittet. Hier kommst Du zurück zu 2011.

15.01.2012

Ich werde schon fast nostalgisch, wenn ich hier die Bilder von meinem Aquarium sehe, denn mittlerweile sieht alles ganz anders (und leider nicht schöner) aus, aber der Reihe nach:

Zunächst habe ich Bilder meiner Neonsalmler (Paracheirodon innesi) nachzutragen, hier sind sie (stellvertretend für die zehn im Becken, auseinanderhalten kann ich nur wenige):

drei Neons ein Neonsalmler

Sie sind zu schnell, um ernsthaft fotogen zu sein, und auch sie kloppen sich zuweilen gern, aber recht moderat und seltener als die Kupfersalmler.

Was ansonsten geschah:

Herr Kapitän, da ist ein blinder Passagier in meiner Fischsuppe...!

Eines Morgens im Dezember zu meinem ersten Kaffee bekam ich diesen hier zu Gesicht:

Libellenlarve Meine erste Reaktion war ein "WAAAH!" von ganzem Herzen. Eine Anfrage bei aquariumforum.de ergab, dass der grüne Lulatsch eine Libellenlarve sei, eingeschleppt mit der Bepflanzung, die Larve räuberisch lebe und ich sie rausfangen solle. Das hat's dann nicht besser gemacht. Hysterisches Kescherschwingen am Morgen, (ich überlasse jedem, sich selbst ein Bild davon zu machen), das Viech war zum Glück müder als ich und noch reaktionsträger.
Zwei Tage später: nächster grüner Lulatsch im Becken. Da ich nicht allein zuhause war, flüchtete ich mich in meine Fräuleinrolle, woraufhin mein strahlender Held entschlossen zum Werkzeug griff ("Man reiche mir die Pinzette! Nein, die andere!") und den blinden Passagier souverän hopps nahm. Und am Tag darauf noch einen. An dieser Stelle nochmal: Danke, David, Du hast Dir Deinen Heldenstatus einmal mehr redlich verdient!
Ich bin zu feige für die Aquaristik, das muss ich einfach mal in aller Klarheit eingestehen. Seitdem keine Grünlinge mehr, aber ich traue mich auch nicht mehr, allzu genau nachzuschauen.

Futterautomat im Praxistest

Nun ein wenig kritische Produkttestung durch inkompetentes Fachpersonal: Ich habe mir zwecks Urlaubsüberbrückung einen Futterautomaten gekauft, und zwar den "Rondomatic 400" von Grässlin. Hier isser:

RondomaticBislang vier Wochen hat er zuverlässig gearbeitet, die ersten zwei Wochen war ich zuhause, danach bin ich halbwegs optimistisch in Urlaub gefahren. Futter hab ich je am Anfang der zwei Wochen eingefüllt, und zwar DuplaRin S Granulat (und eine Bodenfuttertablette, geht nämlich auch). Den Automaten habe ich direkt auf die Abdeckscheibe des Beckens gesetzt, einen Deckel hab ich auf dem Aquarium nicht drauf, der Automat stand also ca. 5 cm über dem Wasser. Trotzdem ist das Futter nicht verklumpt und in den einzelnen Fächern waren so gut wie keine Futterreste, es ist also alles im Becken gelandet. Die Handhabung ist rein mechanisch, die Fütterungszeiten werden mit kleinen Steckstiften an der Zeitschaltuhr eingestellt und man kann für jede Fütterung ein Schälchen füllen. Man sieht also genau, was man tut, Bedienfehler sind praktisch ausgeschlossen, und: Man sieht nach Urlaubsrückkehr auch genau, was der Automat gefüttert oder nicht gefüttert hat. Tolle Sache, wie ich finde.

Womit ich eine wahnsinnig elegante Überleitung zu meiner Urlaubsrückkehr hingetüftelt hätte. Das ist super, wie das heute wieder läuft.

Willkommen zuhause!

Man kennt das ja aus unzähligen Komödien: Man kommt notdürftig erholt aus dem Urlaub zurück und muss feststellen, dass die lieben Kleinen die Wohnung auf links gedreht, die Hausbar leergesoffen und den Perserteppich an die Decke genagelt haben. Anstatt den Jetlag auszuschlafen darf man also Schadensbegrenzung betreiben.
Langer Rede kurzer Sinn, Becken vorher und nachher:

vorher nachher

Das Moos ist hochgetrieben, Schnecken und Algen haben die Weltherrschaft übernommen, die Pflanzen kümmern, sieht arg scheiße aus. Ich hab jetzt alles radikal zurückgeschnitten, womit ich einen Großteil der Algen und Schnecken losgeworden bin und hoffe darauf, dass die Pflanzen neu austreiben. Ich werde nicht umhinkommen, mich mit dem Thema Düngung konsequent auseinander zu setzen und ggf. aufzuforsten. Die Welse gucken etwas verwirrt, weil sie sich nicht mehr so schön verstecken können wie früher, aber das ist hoffentlich nur ein vorübergehendes Phänomen.

Die Stammbelegschaft macht derzeit fleißig Hausputz, und ich unterstütze das, indem ich sieben japanische Fachkräfte angeheuert habe, nämlich Amanogarnelen (Caridina multidentata). In Bezug auf Algen haben die einen geradezu pathologischen Putzzwang. Seit ihrem Einzug sitze ich fasziniert vorm Aquarium und schaue ihnen zu, während das Wohnzimmer im Staub versinkt. Auch hierzu gibts Fotos (nein, nicht vom dreckigen Wohnzimmer, das will doch keiner sehen):

alle zusammen Amano-Garnelen

28.03.2012

Januar bis März: langer Kurzbericht vom Aquarium

Das ist das dumme am Bloggen: Wenn nichts passiert, hat man nichts zu schreiben, wenn viel passiert, kommt man nicht zum Schreiben. Bei dieser Gelegenheit möchte ich anmerken: Die ganzen Leute, die stereotyp und ohne eigene Erfahrungen dazu gemacht zu haben, behaupten, Aquaristik sei schön, aber vielviel Arbeit, haben alle recht.

Nun, was war gewesen? Nachdem mir die Algenplage einen Großteil der Pflanzen hingerafft hatte - und ich aus blindem Aktionismus heraus noch einige unansehnliche hinterherraffte, hatte ich Pflanzennachschub bestellt. Als der kam, waren es elf Grad minus in Münster und der Absender, der offenbar ähnlich verpeilt in der Weltgeschichte herumläuft wie ich, hatte das obligatorische Heatpack statt in die Transportkiste vermutlich in seine Socken gesteckt. Trotzdem war die Hälfte noch brauchbar und wurde eingepflanzt. - Klingt für den Laien erstmal harmlos, der Profi schreit hierbei schon warnend auf, die Rechnung folgte auf dem Fuße: Aufforstaktion schien geglückt, Fische zufrieden, Garnelen mordsverkatert.

unglückliche GarnelenWas die meisten außer mir wussten: Aquarienpflanzen (vor allem die, die über Wasser (emers) gezogen werden) werden mit Pflanzenschutzmitteln behandelt, die Schwermetalle enthalten, welche für Garnelen pures Gift sind. Deshalb soll man neu gekaufte Pflanzen eine Woche, besser zwei, wässern, bevor man sie einpflanzt. Zumindest dann, wenn man vermeiden möchte, dass die fleißigen Algenverputzer jegliche Reinigungsarbeit einstellen und sich an den höchsten Punkt des Beckens und wahrscheinlichsten Fluchtweg verkrümeln, wo sie starr hocken bleiben und ab und an allenfalls mal mit den Beinchen zucken. Was ein Elend.

Unseligerweise gehören Garnelen zu den optimistischeren Lebensformen, die sich in einem solchen Fall sagen: "Ich kann so nicht arbeiten, ich reise ab!" und dann findet man so ein Kerlchen am nächsten Morgen nicht wuselig im Becken sondern schrumpelig auf dem Perserteppich. Die einzig sinnvolle Therapie (außer für den auf dem Teppich, für den kam alles zu spät) besteht darin, täglich das Wasser zu wechseln, bis sich die Suppe weit genug verdünnt hat. Das schien mir als Buße für mich angemessen und so verbrachte ich eine Woche lang jeden Morgen mit Eimerschleppen statt Frühstück. Mit der Zeit rafften sie sich wieder auf und sind heute wieder fit. Ich habe dann noch vier dazugekauft, so dass ich jetzt über eine halbwegs schlagkräftige Truppe für die Beckengröße verfüge.

neue Pflanzen Der freundliche Wasserpflanzenversender verehrte mir übrigens als Wiedergutmachung der Frostschäden und vielleicht auch ein bisschen wegen der Garnelen eine Riesenkiste an echten Unterwasser-Wasserpflanzen, die er in seinen eigenen Becken gepflückt hatte (also submers und damit ungefährlich). Tatsächlich waren es solche Mengen, dass ich die Hälfte an eine nette Forenschreiberin weiterschenken konnte, und da ich ihr noch den ständig hochtreibenden Riccia-Moos-Teppich mit dazugepackt habe, hat sie jetzt die gleiche Schneckenplage wie ich.
Ich bin schon clever, nicht wahr?

Hier nun eine aktualisierte Gesamtliste der Pflanzen (von denen teilweise im Becken nur noch kleine Ableger vorhanden sind, die nicht mehr so recht wollen, aber wer weiß...):

Kleine Sorten:

große Sorten:

Ein Wort noch zum Gärtnern:

  1. In einem unbewohnten Aquarium zu gärtnern macht großen Spaß.
  2. Zu erleben, wie sich die Aquarienbewohner mit der Zeit an den Menschen gewöhnen und ihre Scheu verlieren, ist ein wahrer Quell der Freude.
  3. In einem Aquarium zu gärtnern, in dem die Bewohner jegliche Scheu verloren haben, ist eine Pest.

Neonfisch Otocinclus

Garnele

Neons knabbern einem die Sommersprossen vom Arm und schwimmen zwischen den Scherenarmen. Garnelen latschen einem haarscharf vor der Schere herum und gucken, ob man den Rasen richtig schneidet, und ich muss derweil gucken, dass ich ihre Fühler nicht kappe. Sie springen auch gerne auf die Pinzettenspitze und halten sich dran fest. Welse nuckeln sich an wirklich allem fest: Hände, Scheren, Schere von innen, Hand von innen, ich frag mich, wie diese schnulligen Kerlchen die Evolution bis hierhin überleben konnten.
Nachdem ich viel Geld für superlangstieliges Edelstahlwerkzeug ausgegeben habe, mach ich jetzt wieder fast alles mit den Fingern. Bisher habe ich noch niemanden zerschnitten, zerquetscht oder aufgespießt. Drück mir und ihnen die Daumen, dass es so bleibt.

Ein Wort noch zum Füttern:

Otocinclus-Welse sind nicht so für Futter aus der Dose, sie mögen Pflanzenaufwuchs, Biofilm und so oft wie möglich Salat. Blanchierte Gurkenscheiben sind für sie der Oberkracher. Die können sie nicht nur abnuckeln (das glibbrige Innenleben zuerst) sondern auch stundenlang drauf rumlungern und beim Futtern sogar einpennen. Es sei denn, die Garnelen kommen und räumen den Tisch ab. Mittlerweile tu ich mehrere Scheibchen ins Becken, so verteilt sich der Ansturm besser. Nach ein bis zwei Tagen sollten die Reste allerdings rausgenommen werden, sonst modert's.

Als ich dann mal überbrühte Möhrchenstreifen verfüttern wollte, bin ich auf gähnendes Unverständnis gestoßen. Man schätzte die Darreichungsform wohl mehr unter touristischen Gesichtspunkten, drauf rumhocken fanden die zwar lustig, essen wollte es hingegen niemand. Ein Wels versuchte sich kurz als Sushiröllchen, sah darin aber auch keine Zukunft. Fürs Foto wars klasse.

Otocinclus Otocinclus

Trauriges Thema: Fische töten

(Wer keine Fische hat oder will und das deshalb nie wissen muss, kann jetzt weglesen, unterhaltsam ist es nicht. Aber dieser Blog ist ja nicht nur zur Kalauerei gedacht.)

Meine zehn Neons sind nur noch acht. Als Ursache vermute ich eine Infektion durch neuen Besatz. Als ich den zweiten Schwung Garnelen zugekauft habe, hab ich es so gemacht, wie bisher auch und wie vom Verkäufer angeraten: Alles, Tiere und Wasser, direkt aus der Tüte rinn ins Becken. Bisher ging das auch gut. Da dann nicht. Garnelen drin und fit, zwei Neons wurden schlagartig krank. Und zwar waren das die, die mir eh schon nach einem leichten Vorschaden aussahen (ausgeheilte Flossenfäule/Grauschleier). Einer von ihnen bekam einen Knubbel an der Seite, der andere einen grauen Ring um den Körper, beide wurden agressiv und sonderten sich ab.

Weil ich befürchtet habe, dass sich die anderen bei den kranken Fischen anstecken, habe ich ein 60L-Becken zur Quarantäne gekauft, notdürftig eingerichtet und die beiden dorthin umgezogen. Ließen sich auch ganz leicht fangen. Leser, die wissen, wie schlecht ich im Keschern bin, können daraus messerscharf schließen, in welchem Zustand die Fische schon waren. Zwei Tage später lag erst der eine blass und zuckend am Boden, nicht viel später auch der andere. Ich habe sie dann mit Nelkenöl getötet, um der Quälerei ein Ende zu machen.

Nelkenöl bekommt man in jeder Apotheke für ein paar Euro. Es wirkt auf Fische wie ein Narkosemittel, der Fisch stirbt letztlich an einem Atemstillstand. Das geht so: Das Nelkenöl soll eine Konzentration von 0,5ml/l haben. Als Faustformel sind 20 Tropfen 1 ml, somit brauchen wir einen Tropfen Nelkenöl auf 100 ml Wasser. Weil es sich um ein Öl handelt, das sich wie alle Öle nicht freiwillig mit Wasser vermischt, stellen wir eine Emulsion her. Ich nehme hierzu ein 150ml-Gefäß mit dicht schließendem Deckel, gebe das Öl und das Wasser hinein und lass noch genug Luft bis zum Deckel. Deckel fest verschließen und schütteln. Den Fisch sollte man einsetzen, solange das Öl noch gut mit dem Wasser vermischt ist, denn andernfalls schwimmt er unter einem Ölfilm her und wird nicht betäubt. Es wird empfohlen, den Fisch eine halbe Stunde in dem Bad zu lassen, länger ist besser. Einige Foren berichten davon, dass der so behandelte Fisch erst ein paar Minuten ruhig in der Emulsion herumschwimmt, dann immer langsamer wird und sich auf die Seite dreht, und sodann die Atmung aussetzt. Bei mir ging der Neon innerhalb von 1-2 Sekunden in Seitenlage und hörte auf zu atmen.

Wer sich über Tötungsmethoden für Fische informieren möchte oder muss, kann das z.B. hier tun: DRTA-Archiv.

Das Quarantänebecken habe ich danach mit Alkohol desinfiziert und alle Teile, bei denen das möglich war, ausgekocht. Außerdem habe ich mir ein Fischkaufverbot für einen Monat auferlegt, die verbliebenen Tiere gut beobachtet, aber sie zeigten zum Glück keine Krankheitsanzeichen.
Das Leben ist manchmal keine bunte Tüte.

11.08.2012

Update: Gärtnern für Regenwurmphobiker

Es wird ja auch Zeit, man kann nicht immer nur übers Essen schreiben. Man kann stattdessen auch übers Trinken schreiben. Gerade sitze ich zum Beispiel mit meinem Teechen (!) vor dieser Aussicht:

Aquarium im Juli 2012
Der Scharfsichtige bemerkt sofort: Aha, vorne links sind Echinodorien eingezogen, die Heteranthera zosterifolia und die Limnophila sessiflora wachsen wie blöde, da wird sie gelegentlich mit der Machete durch müssen, aber die Pogostemon erectus und die Blyxa japonica konnten sich erwartungsgemäß nicht halten.

Hier der aktuelle Pflanzenbestand in seperater Liste, (das will doch auf Dauer keiner hier lesen und es bläht den Text so auf).

Gedüngt wird mittlerweile wöchentlich nach 50%igem Wasserwechsel, und zwar 40ml Eisenvolldünger und 30ml Aquarebell NPK, CO2 mit Nachtabschaltung 20mg/l, Beleuchtungszeit 9 bis 19 Uhr.

Kaum macht man es richtig, schon funktioniert's.

23.09.2012

Gestatten: Hübsch feige!

Da hab ich mir wieder einen Bock geschossen. Vielleicht erinnert sich ja noch jemand an mein Kupfersalmlerdesaster, mit den letzten Neuzugängen ist mir das genaue Gegenteil passiert. In meinem Bemühen, mir bloß keine marodierenden Rüpel der Flossenzunft mehr zuzulegen, hab ich ganz verhuschte Hasipuschel gekauft. Der Mittelweg scheint ein schmaler Grat zu sein.

Rasbora dorsiocellata macrophtalma Der Rasbora/Brevibora dorsiocellata macrophthalma (Kleiner Augenfleckbärbling, auch Kleiner Leuchtaugenbärbling, Leuchtaugenrasbora) - mehr Namen als ein monegassischer Adliger - ist ein ca. 3 cm kleiner Südostasiate und einer der wenigen Süßwasserzierfische mit echtem Schwarmverhalten. Während die meisten anderen Fischarten gerne einzeln ihrer Wege schwimmen und sich nur aus Angst zu einem Schwarm verklumpen, ist der Kleine Augenfleckbärbling fast immer im Trupp unterwegs. Er fühlt sich in bepflanzten Aquarien wohl, trotzdem frisst er keine Pflanzen, er buddelt keine Pflanzen aus, er mobbt weder Garnelen noch andere Fische, er schmeißt keine Schnecken gegen die Scheibe, er ist ein Fisch von Benimm und feinen Sitten. Und wunderschön ist er noch dazu, mit seinem silbrigen Leib, der hübschen Rückenflosse mit schwarzem Augenfleck, dem blau-irisierenden Auge, der putzigen schlanken Ellipsenform. Wunderprächtig, dachte ich mir, und kaufte einen Schwung.

Da ich mich stets bemühe, aus Erfahrungen zu lernen, wollte ich es diesmal ganz richtig machen, Stichwort: Keimanpassung - dieses Gehampel kann, wer will, weiter unten nachlesen. Kurz gesagt, hatte ich hohe Ausfälle bei der Eingewöhnung der recht filigranen und wenig stressfesten Fischlein, von insgesamt 24 blieben mir 15. Das sollte mich eigentlich wirksam davon abhalten, nochmals welche dazuzukaufen.

Nun tritt das zweite Problem auf den Plan: Ich hatte hier berichtet, dass mir angstfreie Fische beim allwöchentlich notwendigen Gärtnern gehörig auf den Zeiger gehen - nun, ängstliche Fische gehen mir noch mehr auf den Zeiger. Jeeedesmal dieser Aufriss, bloß weil ich ein paar Pflänzchen stutzen möchte, da muss man doch nicht direkt in blinder Panik gegen die Scheibe bumsen. Nein, wenn man ein gemeinsames Hobby mit diesen Tierchen betreibt, dann sollten idealerweise auch alle Spaß daran haben. Mir schleierhaft, woran die Rasboras Spaß haben, vielleicht sogar an einem gut bewachsenen Aquarium, die Begeisterung für die Instandhaltung eines solchen geht denen jedenfalls völlig ab.

Nicht nur, dass sie sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit wie dulle aufregen, sie springen zudem auch noch aus dem Becken. Wenn man's nicht rechtzeitig sieht, machste da nix mehr. Der auch nicht. Das ist nun dreimal passiert, bleiben also zwölf beim Zehn-kleine-Negerlein-Spiel. So langsam wird es knapp mit dem Schwarm-Feeling, das sie brauchen. Nur kann ich keine Kollegen dazukaufen, weil die zum Versterben neigen. Vielleicht sollte ich sie abgeben an jemanden, der ein Riesenbecken mit einem größeren Schwarm hat. Aber noch fällt es mir schwer, mich von ihnen zu trennen, sie sind so schön.

Exkurs: Keimanpassung in Aquarien – Theorie und Praxis

Bei neuem Besatz in laufendem Aquarium passiert es gerne mal, dass die Fische umkippen, weil sie die Keime, die die jeweils anderen bei sich tragen, nicht gewöhnt sind (vor allem, wenn sie von einem anderen Händler kommen). Kein Wasser in fremden Ländern trinken ist ein vergleichbarer Schauplatz. Damit sich nun die neuen Fische langsam an die Keime in meinem laufenden Aquarium gewöhnen können, kommen sie erstmal in ein Quarantänebecken. Da werden sie ein paar Tage beobachtet, ob sie Krankheitszeichen zeigen. Dann gibt man mit und mit Wasser aus dem großen Aquarium dazu, ich hab pro Tag erst 1/2 Liter, dann 1 Liter, dann 1 1/2 Liter usw. rübergeschippt. Wenn man sicher ist, dass sie sich dran gewöhnt haben und keine Krankheiten ausgebrochen sind, beginnt man, die Fische im großen Aquarium an die Keime der neuen Kollegen zu gewöhnen und schippt mit und mit Wasser aus dem Quarantänebecken dort hinein und beobachtet fleißig, ob einer komisch guckt. Im Idealfall hat man also 1 Woche mit reiner Fischbeobachtung im Quarantänebecken verbracht, 1 Woche Keimanpassung im Quarantänebecken, 1 Woche Keimanpassung im großen Aquarium und dann wuppt man die Neuen rüber und alles ist feini.

So weit die Theorie. Ja scheiße. Einer starb direkt vor Schreck beim Einsetzen ins Quarantänebecken, ein weiterer hing am nächsten Morgen tot in einer Pflanze. Dann war erstmal Ruhe, aber die Fische im Quarantänebecken waren sehr zaghaft und mochten auch nicht gescheit fressen. Ich hab versucht, es ihnen mit Hornkraut und abgekochten Tontöpfen ein bisschen wohnlich zu machen, aber es nützte nichts, sie hockten blass in einer Ecke.

Weil sie mir so leid taten und ich den Eindruck hatte, dass sie an Stress gestorben sind und nicht an irgendwelchen Krankheiten, hab ich die Wasser-hin-und-her-kipp-Aktion ein bisschen abgekürzt und nach zwei Wochen die kleinen Kerlchen in das schöne große Pflanzenaquarium überführt. In den nächsten Tagen starben wieder zwei. Das mühsame Rausfischen der Fischleichen konnte ich mir jetzt sparen. Der sorgenvolle morgendliche Blick ins Aquarium zeigte mir eine sehr glückliche Amanogarnele mit einem sehr toten Fischi unterm Arm, nicht bereit, diesen so bald wieder rauszurücken.

Was nu? Die verbliebenen acht berappelten sich, waren fit und fühlten sich wohl. Aber acht sind noch kein ordentlicher Schwarm. Also ging ich in den Laden und kaufte nochmal zwölf, packte diese aber direkt ins große Becken, den Stress mit dem Quarantänebecken wollte ich denen dann doch ersparen. Ich fürchte, bei dieser Charge habe ich den Rest vom Schützenfest erwischt, denn es waren einige dabei mit graufleckigem Körper, einige hatten auch angefressene Flossen und sie machten einen recht kläglichen Eindruck. Genau diese ramponierten starben mir auch innerhalb der nächsten zwei Wochen. Meine Garnelen wähnten sich im Schlaraffenland.

Außerdem war bei dieser Charge versehentlich ein Gabelschwanzleuchtauge mit von der Partie, das sich daran machte, ziemlich hoffnungslos nach seinen Kumpels zu suchen, ein ziemlich trauriger Anblick. Mein Held, der besser im Keschern ist als ich, fing ihn am nächsten Morgen wieder raus und wir brachten ihn zurück in den Laden.

Letztlich blieb also ein Schwarm von 15, fit und schön und ich mach den Terror echt nie wieder.



...wird fortgeführt.